Auf dem Weg zum digitalen Lesesaal beim Bundesarchiv
SVA Expertise für die Gestaltung des Prototyps
Kurzprofil
Das Bundesarchiv mit Sitz in Koblenz und 21 weiteren Dienstorten hat den gesetzlichen Auftrag, das Archivgut des Bundes zu sichern und nutzbar zu machen. Es verwahrt derzeit über 540 laufende Kilometer Schriftgut, 15 Millionen Bilder und 1,1 Millionen Filme, 75.000 Plakate sowie zwei Millionen Karten und Pläne.
Ausgangssituation & Herausforderung
Beim Bundesarchiv wird das Archivgut aktuell auf verschiedenen Plattformen und Themenseiten (auf der Webseite des Bundesarchivs) zur Verfügung gestellt. Nutzer müssen also auf mehreren Plattformen mit unterschiedlichen Bedienungsweisen und Sortierschemata suchen, um verschiedene Archivgut-Typen (wie Akten, Karten, Fotos, Tonaufnahmen, Videos etc.) zu einem Thema zu finden. Die Suche wird dadurch insbesondere für unerfahrene Anwender schwierig.
Für die Gestaltung eines zukünftigen, optimierten digitalen Lesesaals war es daher zunächst unerlässlich, die Anforderungen der verschiedenen Nutzergruppen in einer Oberfläche zu vereinen. Besonders wichtig war es, Power-Usern alle Funktionen und Filteroptionen weiterhin anzubieten und die Nutzung gleichzeitig auch für neue Nutzer übersichtlich und selbsterklärend zu gestalten.
Lösung & Vorgehensweise
Um eine universelle Rechercheplattform zu gestalten, die sich nach den Bedürfnissen aller Nutzergruppen richtet, wurden 27 Vertreter der primären Nutzergruppen zu Interviews eingeladen. Dazu gehörten Standard-User (Anwender mit geringen Archiv-Kenntnissen), Power-User (Nutzer mit tiefgreifenden Archiv-Kenntnissen, die diese häufig/intensiv nutzen) und interne User (Nutzer innerhalb des Bundesarchivs). Diese beantworteten Fragen zu demographischen Daten und ihren Gewohnheiten im Umgang mit verschiedenen Endgeräten, Suchmaschinen und Rechercheplattformen. Zudem nahmen sie an Usability-Tests teil, in denen sie die Rechercheplattformen des Bundesarchivs nutzten und kommentierten.
Dadurch konnten Personas entwickelt werden, fiktive Personen, die eine bestimmte Gruppe von Nutzern repräsentieren. Mittels einer quantitativen Analyse der erhobenen Anforderungen wurden Features in vier Prioritätsstufen unterteilt. Aus den einzelnen Bedarfen konnten dann User-Stories formuliert werden, um die notwendigen Funktionen näher zu definieren.
Auf Basis der Anforderung wurden eine Site-Map sowie erste analoge Skizzen und anschließend ein digitaler Low-Fidelity-Prototyp erstellt, den die Nutzergruppen-Vertreter anschließend testeten und bewerteten. So konnte überprüft werden, welche Anforderungen bereits erfüllt wurden und welche Features in der nächsten Iteration optimiert werden sollten.
Der Low-Fidelity-Prototyp wurde im Anschluss durch gestalterische Elemente ergänzt: Farben, Effekte, Animationen, Typografie und Bilder verliehen ihm ein modernes Design. Außerdem wurde das Feedback aus den Usability-Tests dann in dieser High-Fidelity-Variante des Prototyps umgesetzt. Diesen durften in einer abschließenden Testrunde erneut die Nutzergruppen testen und Feedback geben, so dass auf dieser Basis das Design des Prototyps finalisiert und dem Bundesarchiv übergeben werden konnte. Zusätzlich erhielt das Bundesarchiv einen Styleguide für die zukünftige Anwendung sowie einen ausführlichen Katalog, der alle Nutzeranforderungen und Umsetzungsempfehlungen enthält.
Fazit
Die Gestaltungslösung ermöglicht allen Nutzergruppen eine nahtlose Recherche über eine intuitive Plattform. Sie bietet erweiterte Funktionen für tiefgehende Recherchen. Der High-Fidelity-Prototyp dient als Vorlage für eine benutzerorientierte Entwicklung des digitalen Lesesaals. Der Anforderungskatalog bietet außerdem eine Übersicht über alle Anforderungen an das Produkt und ihre Priorität und kann mit den formulierten User-Stories direkt in ein Entwicklungs-Backlog übertragen werden.